EPR compact - der Podcast

Show Stopper EPR?!

Gibt es den Show Stopper EPR?

Immer wieder erlebe ich die Situation, dass ich bei einem Kunden sitze oder ein Kunde auf mich zukommt und sagt: in dem und dem Land vertreiben wir jetzt übrigens auch. Hab ich die Tage erfahren. Geht das so einfach oder müssen wir da irgendwas berücksichtigen? 

Diese Fälle sind ganz typisch und einerseits der ganz normalen Dynamik im Vertrieb geschuldet, andererseits aber auch dem Denken in der Organisationsstruktur.  

Ich bin ja schon einmal darauf eingegangen: die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) wird oft als Entsorgungsthema, also als notwendiges Übel betrachtet. Und das hat eben zur Folge,  dass die für die EPR verantwortlichen Personen oftmals erst dann mit neuen Vertriebsregionen, Vertriebsprozessen oder auch mit neuen Produkten konfrontiert werden, wenn diese schon in Verkehr gebracht werden, oder ganz kurz davor stehen. 

Wenn man in diesem Stadium dann auf EPR Pflichten zu sprechen kommt, dann ist man in seiner Funktion als Bote oft der unliebsame Show Stopper, der überall nur die Probleme sieht und den Unternehmens- oder Vertriebserfolg behindert. Eine Anpassung schon gedruckter Gebrauchsanweisungen oder das Verschieben eines Auftrags oder Launches, weil noch eine Registrierung fehlt…, das kann zu diesem Zeitpunkt schließlich keiner mehr gebrauchen. 

Show Stopper EPR – Das muss und sollte gar nicht so sein.

Vielmehr sollte an dieser Stelle ein Umdenken stattfinden: EPR steht für Marktzugangsvoraussetzungen. Das Thema ist also relevant und unterstützt den Vertriebs- und Unternehmenserfolg maßgeblich. Und mit dem Wissen im Hinterkopf sollte ich das Thema EPR bei vielen relevanten Projekten rund um Vertriebskanäle, Vertriebsregionen und auch rund um das Produktportfolio und die Beschaffung frühzeitig und fest in den Projektplänen verankern. Auf dieser Basis kann ich nämlich mit einem anderen/zusätzlichen Blickwinkel direkt berücksichtigen, welche EPR-Anforderungen jeweils auf mich zukommen, und hier und da gestalten anstatt zu reagieren.  

Ich möchte Ihnen zur Verdeutlichung ein Beispiel und einige Fragestellungen an die Hand geben: 

Wir gehen davon aus, dass Sie ein in Deutschland niedergelassener Hersteller von Elektro- und Elektronikgeräten sind. Zum Beispiel, exemplarisch, von Bohrmaschinen. Bis dato haben Sie nur kabelgebundene Bohrmaschinen vertrieben und nun wollen Sie auch batterie bzw. Akku betriebene Bohrmaschinen vertreiben. Diese strategische Entscheidung ist gefallen.  

Jetzt können Sie natürlich agieren, machen und tun und die EPR verantwortlichen Personen nach getaner Arbeit vor vollendete Tatsachen stellen. Oder aber Sie involvieren die Kollegen direkt. Denn diese kleine strategische Entscheidung zieht EPR-technisch ggf. einen riesigen Rattenschwanz nach sich.  

Folgende Fragestellungen ergeben sich nämlich:

  • Produzieren Sie den Akku selber und bringen ihn unter Ihrer Marke in Verkehr?  
  • Lassen Sie einen OEM gemäß Ihren Anforderungen den Akku auf Ihren Namen fertigen?
  • Oder kaufen Sie einen Akku ein? 

Wenn ja,

  • aus Deutschland?
  • Von einem registrierten Zulieferer?
  • Oder aus einem anderen Land der Welt?

Je nach Szenario entscheidet sich, ob Sie Hersteller im Sinne des Batteriegesetzes in Deutschland sind, oder nicht. Wenn Sie diese Verpflichtung zum Beispiel vermeiden wollen, dann sollten Sie Akkus beziehen und verwenden, die innerhalb der Supply Chain bereits ordnungsgemäß registriert sind.  

Aber selbst wenn Sie diesen Weg gehen, sind Ihre Verpflichtungen noch lange nicht erfüllt. Die Batterien, die Sie beschaffen, müssen natürlich konform sein, also beispielsweise korrekt gekennzeichnet.  

Darüber hinaus müssen Sie auch ein konformes Produktdesign gewährleisten. Das heißt, dass der Akku problemlos entnehmbar sein sollte. Das ist bei einer Bohrmaschine meistens nicht die größte Herausforderung, aber die ist auch nur ein exemplarisches Beispiel.  

Auch Ihre Gebrauchsanweisungen müssen Sie auf jeden Fall überarbeiten. Denn Sie müssen unter anderem die Batterieinformationen integrieren und darüber informieren, wie die Batterien sicher aus dem Gerät entnommen werden können.

Gehen wir in diesem Beispiel nun ergänzend davon aus, dass Sie doch Hersteller der Batterien im Sinne des BattG sind. Dann müssen Sie sich ergänzend noch um eine Registrierung als Hersteller und eine flächendeckende Rücknahme der Altbatterien kümmern. Hier wird also die Abstimmung mit Dienstleistern, in diesem Fall mit herstellereigenen Batterierücknahmesystemen erforderlich. 

Und zudem müssen Sie noch ein Reporting-System aufbauen bzw. anpassen, um konforme Meldungen erfassen zu können. Wie umfangreich das wird, das liegt dann im Zweifel daran, in welchen Ländern Sie als Hersteller betrachtet werden. Als Hersteller von Batterien in Schweden müssen Sie neben den „typischen“ Informationen zum Beispiel differenzieren, ob ein Akku eingebaut ist oder „lose“ in Verkehr gebracht wird.    

Jetzt treiben wir diesen Fall noch etwas weiter:

Wir gehen nämlich davon aus, dass Sie mit dem neuen Produkt auch neue Märkte erschließen wollen. 

Statt ausschließlich in Deutschland zu vertreiben, wollen Sie die Produkte auch in Italien in Verkehr bringen.  

Grundsätzlich ist dann erstmal zu prüfen, ob es im Empfängerland auch EPR-Pflichten gibt. Für Italien ist diese Frage sicherlich einfach zu beantworten, da die EU-Richtlinien hier ebenfalls in nationales Recht überführt worden sind. Aber auch in anderen Ländern sollte man die Verpflichtungslage überprüfen. In vielen Fällen agiert die nämlich EU sozusagen als Vorbild, so dass vergleichbare Anforderungen oft auch in nicht EU-Mitgliedstaaten existieren.  

Wir bleiben aber erstmal bei Italien.  

In Italien wird Ihnen auffallen: Wenn Sie bis dato nur die deutschen Informationspflichten erfüllt haben, dann müssen Sie nun aktiv werden und Ihre Gebrauchsanweisungen hier und da etwas anpassen. Ansonsten erfüllen Sie italienischen Anforderungen nicht.  

Darüber hinaus stellt sich wieder die Frage: Wie bringen Sie die Produkte in Italien in Verkehr?  

  • Via Fernvertrieb an den direkten Endnutzer?  
  • Über einen Distributor bzw. einen Vertriebspartner?  
  • Bauen Sie ein Netz an Handelspartnern auf oder besteht dieses bereits?
  • Existiert eine Niederlassung? Oder wird eine Niederlassung gegründet? 
  • Nutze ich Handelsvertreter, die in Italien agieren aber auf meinen Namen und meine Rechnung vertreiben?

Es gibt hier zahlreiche Möglichkeiten. Und je nach Weg ist die Verpflichtungslage zu bewerten. 

  • Wer ist Hersteller?  
  • Benötige ich einen Bevollmächtigten?
  • Kann und möchte ich jemanden freiwillig entpflichten?

Wenn ich als Hersteller definiert werde, welche Anforderungen kommen dann noch auf mich zu?

In Italien reden wir da bspw. von der Ausweisverplichtung italienischer Registrierungsnummern und von einer sichtbaren oder unsichtbaren bzw. verklausulierten Öko-Gebühr im Rahmen der Rechnungslegung. Das heißt, hier kämen entsprechende Aufgaben auf die IT zu, die dann dafür sorgt, dass alles da steht, wo es zu stehen hat. 

Ebenfalls zu bewerten: 

  • Welche direkten Compliance-Kosten habe ich zu erwarten?  
  • Und wie lange benötige ich für eine Partnerauswahl und wie lange benötigen auch die Behörden für die Bearbeitung beantragter Registrierungen? Das heißt, wie schnell kann ich denn überhaupt am Markt aktiv werden?

Last not least:  

  • Was kostet mich das Ganze eigentlich, wenn ich einen alternativen Weg einschlage, in dem ich nicht als Hersteller betrachtet werde?  
  • Und welche Wege sind das überhaupt?

Ich denke Sie sehen an diesem Auszug, dass wir hier über ein sehr komplexes Thema reden.  

Und deshalb kann ich Ihnen nur empfehlen, dass Sie Ihre EPR Experten von Anfang an involvieren. Denn zu diesem Zeitpunkt können Sie das Ausmaß der Anforderungen noch selbst gestalten und Sie haben auch genügend Zeit dafür, mit den Anforderungen umzugehen und notwendige Maßnahmen umzusetzen. Und aus diesem Blickwinkel betrachtet ist die EPR dann kein Show Stopper, sondern ein Unterstützer und Wegbereiter für die Expansion bzw. für den erfolgreichen und konformen Marktzugang.

Also, schauen Sie einmal, in welchen Prozessen oder an welchen Stellen Sie die EPR bei Ihnen bereits berücksichtigen, und denken Sie ggf. über eine Anpassung nach.

Sie haben Fragen zu diesem oder weiteren Themen rund um die EPR? Dann kontaktieren Sie uns gerne! 

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