In dieser Episode spreche ich über verschiedene Aussagen oder auch Auffassungen bzw. Einschätzungen zum ElektroG, mit denen ich im beruflichen Alltag immer wieder konfrontiert werde.
1. „Wenn das Produkt keinen Stecker und keine Batterie hat, dann ist es kein Elektro- und Elektronikgerät (EEE).“
Diese Aussage ist ganz einfach nicht korrekt. Wir schauen uns die Definition eines EEE an anderer Stelle gleich nochmal an. Fakt ist aber, ganz einfach formuliert: woher der Strom kommt, ist ziemlich egal. Auch Taschenrechner mit Solarmodulen, USB-Sticks oder Karten, mit denen ich kontaktlos bezahlen kann, sind bspw. EEE.
2. „Bei unserem Produkt handelt es sich um eine Maschine und nicht um ein EEE. Wir müssen also die Maschinenrichtlinie erfüllen und nicht das ElektroG.“
Diese Aussage habe ich schon oft gehört, kann ich so aber überhaupt nicht unterschreiben. Hier werden schlicht zwei verschiedene Themenbereiche miteinander vermischt. Die Maschinenrichtlinie ist eher in das Thema „Produktanforderungen“ einzuordnen. Da geht es zum Beispiel um ein einheitliches Schutzniveau zur Unfallverhütung für Maschinen beim Inverkehrbringen innerhalb des EWR. Das schließt aber nicht aus, dass eine Maschine gleichzeitig auch ein EEE sein kann und dementsprechend auch die Anforderungen des ElektroG zu erfüllen sind.
EEE sind
„Geräte, die für den Betrieb mit Wechselspannung von höchstens 1 000 Volt oder Gleichspannung von höchstens 1 500 Volt ausgelegt sind und
a) zu ihrem ordnungsgemäßen Betrieb von elektrischen Strömen oder elektromagnetischen Feldern abhängig sind oder
b) der Erzeugung, Übertragung und Messung von elektrischen Strömen und elektromagnetischen Feldern dienen;
§ 3 Nr. 1 ElektroG
Wenn also keine Ausnahme einschlägig ist, kann eine Maschine dementsprechend auch ein EEE und entsprechend vom ElektroG betroffen sein. Die einzige Wahrscheinlichkeit, die dann sehr groß ist, ist das es sich bei der Maschine potenziell um ein B2B-Gerät handelt. Und das bringt mich direkt zur nächsten Aussage:
3. „Ich verkaufe meine Produkte an ein Business. Also handelt es sich um B2B-Geräte.“
Auch diese Aussage ist so nicht unbedingt zutreffend. Für die Klassifizierung als B2B oder B2C ist nämlich nicht der Vertriebsweg ausschlagegebend, sondern der sogenannte Ort der möglichen Nutzung:
B2C:
▪ b2c-Geräte sind EEE, die in privaten Haushalten genutzt werden können.
▪ Dual-Use-Geräte sind solche EEE, die sowohl in privaten Haushalten als auch gewerblich genutzt werden können. Grundsätzlich werden Dual-Use-Geräte als b2c-Geräte eingeordnet.
B2B:
Entscheidend für die b2b-Eigenschaft eines EEE ist der Ort der möglichen Nutzung. Der Vertriebsweg (zum Beispiel Abgabe nur an gewerbliche Zwischenhändler) ist in dieser Betrachtung nicht relevant.
b2b-Geräte sind praktisch ausschließlich gewerblich nutzbare Elektrogeräte, die zum Beispiel
- wegen ihres Verwendungszwecks,
- wegen besonderer Voraussetzungen für ihren Einsatz (erforderliche Betriebsgenehmigungen oder besondere Umgebung),
- aufgrund ihrer Größe
- oder wegen anderer technischer Eigenschaften
eine Nutzung im privaten Bereich unmöglich oder zumindest sehr unwahrscheinlich machen.
Die b2b-Eigenschaft ist in Deutschland im Rahmen der Registrierung glaubhaft zu machen.
Eine typische Aussage zum Anwendungsbereich habe ich noch:
4. „Mein Produkt ist ortsfest. Das heißt: es fällt nicht unter das ElektroG!“
Auch diese Aussage stimmt in ihrer pauschalen Form nicht. Es gibt zwei formulierte Ausnahmen bei denen ein Kriterium die Ortsfestigkeit ist:
- ortsfeste industrielle Großwerkzeuge,
- ortsfeste Großanlagen;
Dazu muss man aber wissen, dass jeweils alle Kriterien für eine Ausnahme erfüllt werden müssen.
Bei den ortsfesten, industriellen Großwerkzeugen heißt das dann
- es muss ein Werkzeug sein,
- ortsfest,
- industriell und
- groß!
Ortsfest heißt dann unter anderem, dass es dafür vorgesehen ist, seine gesamte Lebensdauer an einem Ort zu verbringen.
Industriell bedeutet, dass es sich um ein B2B-Gerät handeln muss und groß ist gleichbedeutend mit einem Gewicht von mehr als 2 Tonnen UND einem Volumen von mindestens 15,625 m³.
Für die ortfesten Großanlagen müssen ebenfalls mehrere Kriterien eingehalten werden: Sie müssen
- groß sein,
- von Profis aufgebaut, installiert und de-installiert werden,
- erneut ortsfest sein und
- ausschließlich durch gleichartige Geräte ersetzt werden können.
Wer jetzt denkt, dass zum Beispiel Heizungen oder Wärmepumpen entsprechend vom Anwendungsbereich ausgeschlossen sind, der muss hier erneut das Größenkriterium betrachten. Groß bedeutet in diesem Fall nämlich, dass mindestens eins der folgenden Kriterien erfüllt werden muss:
- Volumen > 32.07 m³
- Gewicht > 44 Tonnen
- es wird ein Schwerlastkran für den Auf- oder Abbau benötigt,
- bauliche Sondermaßnahmen, zum Beispiel verstärktes Fundament, sind erforderlich, oder
- die Anlage hat eine Nennleistung von mehr als 375 kW.
Diese Ausnahmeregelungen greifen also eher seltenb. Sie kommen vor allem in Produktionslinien zum Tragen.
Wir sind jetzt schon ein bisschen auf B2B-Geräte eingegangen. Und das bringt mich zur Kennzeichnungsverpflichtung. Hier höre ich immer wieder:
5. „Es ist in Deutschland verboten B2B-Geräte mit dem Symbol der durchgestrichenen Mülltonne auf Rädern zu kennzeichnen.“
Diese Aussage ist wirklich viral gegangen und begegnet mir immer wieder. Insbesondere bei Ansprechpartnern, die sich schon sehr lange, teilweise seit den Anfängen des ElektroG mit der Thematik befassen.
Wenn man sich das ElektroG allerdings genau anschaut, dann ist dort kein Verbot verankert. Es heißt, dass B2C-Geräte mit dem Symbol zu kennzeichnen sind. Zur entsprechenden Kennzeichnung der B2B-Geräte steht an der Stelle gar nichts. Also weder ein Verbot noch eine Pflicht zur Kennzeichnung. Ein Gerichtsurteil zu der Thematik gibt es bis dato auch nicht. Das heißt, es wurde noch nie jemand dafür verklagt, dass er sein B2B-Gerät entsprechend gekennzeichnet hat. Und alles andere wäre auch höchst fragwürdig!
Warum?
Einerseits ist in fast allen anderen Mitgliedstaaten die Kennzeichnung der B2B-Geräte mit dem Symbol Pflicht (und zukünftig aller Voraussicht nach auch in Deutschland). Das heißt, ein Verbot wäre gleichbedeutend damit, dass für Deutschland extra produziert werden muss. Und das wäre weder wirtschaftlich zumutbar, noch umweltfreundlich.
Auf der anderen Seite muss man sich einmal die Aussage der durchgestrichenen Mülltonne auf Rädern verdeutlichen. Sie besagt nicht, übrigens auch ein Irrglaube, „ich bin ein registriertes Produkt“. Sie besagt lediglich, dass das Produkt End-of-Life einer separaten Erfassung zugeführt werden muss. Nicht mehr, nicht weniger. Und diese Verpflichtung besteht nunmal auch für B2B-Geräte, so dass hier mit der Kennzeichnung keine Fehlinformation vorliegt.
Apropos Kennzeichnung:
6. „Wenn eine Batterie im Produkt eingesetzt ist, dann muss die ‚Batterie-Mülltonne‘ auf dem Produkt gekennzeichnet sein.“
Nein! Die Batterie muss gekennzeichnet sein. Und wenn das nicht Din-gerecht möglich ist, dann ist die Kennzeichnung alternativ und in passender Größe auf der Verpackung erforderlich.
7. „Ein Aufkleber ist für die Kennzeichnung nicht erlaubt.“
Auch das ist nicht richtig. Der Aufkleber muss lediglich das Kriterium „dauerhaft“ erfüllen (siehe Episode 6).
8. „Ich bin kein Hersteller im Sinne des ElektroG, schließe produziere ich nicht.“
Kann, muss aber nicht sein: Der Herstellerbegriff im ElektroG ist sehr divers und abweichend vom normalen Sprachgebrauch. Es gibt verschiedene Varianten, die Sie zum Hersteller machen. Dazu zählen zum Beispiel auch das produzieren lassen und der Import.
Apropos Import:
9. „Ich habe das Produkt innerhalb der EU bezogen, also bin ich nicht Hersteller.“
Auch das wird immer wieder mit den Produktanforderungen vermischt. Fakt ist, wir reden hier über einen Mitgliedstaatenbezug. Es ist egal, woher Sie das Produkt beziehen: Einfuhr oder Import von EEE, die Sie weitervertreiben, ist regelmäßig gleichbedeutend damit, dass Sie dafür als Hersteller gelten. Es sei denn, der Zulieferer entpflichtet Sie freiwillig.
Und das gilt übrigens für unbekannte wie für extrem bekannte Brands. Hier höre ich nämlich auch oft, dass man doch für bestimmte, sehr prominente Marken nicht der Hersteller sein kann. Doch, können Sie! Es kommt hier wirklich nur auf die Lieferkette an.
10. „Wenn ich die ElektroG-Anforderungen in Deutschland erfülle, dann bin ich (EU-weit) auf der sicheren Seite.“
Ja, man denkt oft, dass in Deutschland die Bürokratie besonders stark ausgeprägt ist und Anforderungen eher übererfüllt werden. Das ist aber an der Stelle nicht ganz richtig. Und das haben wir oben schon bei den Kennzeichnungsverpflichtungen gesehen, die in anderen Ländern etwas anders formuliert sind. Entsprechend verhält es sich auch mit den Informationspflichten.
Mitgliedstaatenbezug heißt eben auch, die Anforderungen in allen relevanten Mitgliedstaaten zu kennen und entsprechend zu agieren.
11. „Die Finanzierungsgarantie greift, wenn ich eine Abhol- und Aufstellungsanordnung nicht erfülle/bezahlen kann.“
Das wäre denkbar und in gewisser Weise auch logisch. Tatsächlich sieht die Praxis aber anders aus. Sollten Sie eine Abhol- und Aufstellungsanordnung nicht erfüllen können, dann erhalten Sie zwar ein Bußgeld etc., aber der Garantiefall tritt noch nicht ein. Zunächst wird der nächste Hersteller mit dem Auftrag konfrontiert. Und dann kümmert der sich. Und wenn nicht der, dann der Nächste…
Der Garantiefall tritt tatsächlich nur dann ein, wenn gar kein Hersteller mehr in einer Sammelgruppe aktiv ist, der sich um den Auftrag kümmern kann. Sprich: bei einem totalen Marktversagen.
12. „Alles nur Abfall.“
Auch das könnte man meinen, aber dazu kennen Sie meine Auffassung. Wir reden hier vielmehr über Marktzugangsvoraussetzungen; über Anforderungen, die definiert worden sind, damit Sie EEE überhaupt auf dem Markt anbieten dürfen und um Voraussetzungen dazu zu schaffen, dass die EEE End-of-Life fachgerecht behandelt und Kreisläufe bestmöglich geschlossen werden.
Haben Sie Fragen zu diesem oder weiteren Themen rund um die EPR? Dann kontaktieren Sie uns gerne!
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